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Ghaub

Von der Missionsstation zum Naturreservat

Viele Felsgravuren zeugen davon, dass Ghaub und die Otavi-Berge bereits seit Jahrtausenden von Menschen bewohnt werden. Selbst Vorgänger des Menschen waren hier zuhause. Anfang der 1990er Jahre fanden Forscher Fragmente von Unterkiefer, Elle und Fingerknochen eines Menschenaffen von der Größe eines Gibbon, der vor 13 Millionen Jahren weite Teile Afrikas bevölkerte. Eine Sensation: Der so genannte Otavipithecus namibiensis ist das erste Exemplar eines ausgestorbenen Menschenaffen im südlichen Teil Afrikas.

  • Kirche und Schule der 1895 gegründeten Missionsstation Ghaub

    Kirche und Schule der 1895 gegründeten Missionsstation Ghaub. Foto: Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft

  • Das Haupthaus der Gästefarm Ghaub in den Anfangsjahren des Gästebetriebs (August 2002)

    Das Haupthaus der Gästefarm Ghaub in den Anfangsjahren des Gästebetriebs (August 2002). Foto: Jörg Bausch

  • Breitmaul-Nashörner, die einst in den Tälern der Otavi-Bergen heimisch waren, wurden im April 2016 im privaten Naturreservat Ghaub ausgesetzt

    Breitmaul-Nashörner, die einst in den Tälern der Otavi-Berge heimisch waren, wurden im April 2016 im privaten Naturreservat Ghaub ausgesetzt. Foto: Sven-Eric Stender

Die Geschichte der Farm Ghaub beginnt allerdings erst 1895. Damals ließen sich die ersten Missionare der Rheinischen Missionsgesellschaft nieder, um die Bergdamara zum christlichen Glauben zu bekehren. Zu einer kleinen Kirche kam später eine Schule.

Da es viel Wasser gab, sollte das Land auch urbar gemacht werden. Im Januar 1900 erwarb die Rheinische Missionsgesellschaft die 9.000 ha (90 km²) große Farm Ghaub, im August 1901 stellte sie den aus Deutschland entsandten Farmverwalter Wilhelm Detering an. Unter seiner Leitung wurden die Sümpfe trockengelegt, Felder angelegt und Rinder gehalten.

Während des Kolonialkrieges zwischen Deutscher Schutztruppe und Herero 1904 wurde Ghaub geplündert und zerstört. Seine Bewohner waren zuvor in die Feste von Grootfontein in Sicherheit gebracht worden und kehrten im Oktober 1904 zurück. Nach dem Wiederaufbau legte Detering Obstgärten an, ließ die Steine von den Feldern sammeln und daraus die Mauern um die Anlage errichten.

1911 gründete Missionar Heinrich Vedder auf Ghaub das Augustineum, in dem Einheimische zu Mitarbeitern der Kirche ausgebildet wurden. Während dieser Zeit entdeckte Vedder die Tropfsteinhöhle, die heute als drittgrößte Höhle Namibias gilt.

Der Erste Weltkrieg setzte seiner Arbeit ein Ende. Am 4. Juli 1915 war Ghaub Schauplatz eines Gefechtes zwischen Deutscher Schutztruppe und der Südafrikanischen Armee; am 8. Juli endete der Krieg in der deutschen Kolonie mit der Unterzeichnung der Kapitulation bei Khorab nördlich von Otavi, nur ein paar Dutzend Kilometer von Ghaub entfernt.

Nach dem Krieg rückte die Missionsarbeit in den Hintergrund. Vedder wurde 1919 nach Deutschland deportiert und errichtete nach seiner Rückkehr 1922 in Okahandja ein neues Augustineum. Dort wurden viele Einheimische ausgebildet, die sich ab den 1960er Jahren gegen die Verwaltung des Apartheidregimes Südafrikas auflehnten und den Kampf um die Unabhängigkeit Namibias aufnahmen.

Die Landwirtschaft auf Ghaub dagegen ging unvermindert weiter. 1925 erhielt die Rheinische Missionsgesellschaft 3.000 ha angrenzendes Land hinzu, so dass Ghaub nun 12.000 ha (120 km²) maß. Nach dem Tod von Wilhelm Detering 1945 folgten mehrere Farmverwalter. In den 1980er Jahren wurde Ghaub von der Nachbarfarm aus geführt; die Gebäude standen leer und verfielen allmählich.

Mit der Unabhängigkeit Namibias 1990 begann der Tourismus zu boomen. 1996 verkaufte die Rheinische Missionsgesellschaft Ghaub an die Firma Ohlthaver & List, die die Gebäude liebevoll restaurierte. Mit seinem Gastbetrieb und Wildreichtum, seiner Tropfsteinhöhle sowie dem Maisanbau und der Rinderhaltung machte sich Ghaub fortan als Gästefarm einen Namen.

Seit April 2016 in neuen Händen, wandelt sich Ghaub zu einem Lodgebetrieb mit Naturreservat und Farmbereich. Im Wildgebiet wurden Breitmaul-Nashörner ausgesetzt und spezielle Patrouillen gegen Wilderer eingerichtet. Die Lodge wurde behutsam um zwei Zimmer erweitert und mit WLAN ausgestattet. Was jedoch unverändert bleibt, sind Gastfreundschaft und einzigartiges historisches Flair.